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Asteroidenkollision bei jungem Stern [29. Aug.]

Sog. zirkumstellare Scheiben [1] gelten als Hinweis auf die Entwicklung von Planetensystemen; sie stehen in Verbindung mit der Entdeckung junger Planeten und können oftmals leichter beobachtet werden als die Planeten selbst. Die Scheiben geben Aufschluss über die Entwicklungsphase des jungen Planetensystems und können zum Verständnis der Evolution unseres Sonnensystems und der Bildung der erdähnlichen Planeten [1] beitragen. Die Dauer der Entwicklung eines Planetensystems schätzt man auf 30 bis 130 Millionen Jahre.

Mithilfe von Beobachtungen des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA [1] konnten Wissenschaftler der Universität von Arizona [2] eine Stauberuption um einen jungen Stern nachweisen. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um das Ergebnis einer Kollision großer Asteroiden oder Proto-Planeten [1]. Ein derartiges Ereignis kann zur Bildung neuer Planeten führen.

Die beobachtete Kollision erfolgte innerhalb der Staubscheibe eines Sternes, der sich im offenen Sternhaufen NGC 2547 [1] im Sternbild Segel des Schiffs (Vela) befindet. Der Sternhaufen ist rund 1.500 Lichtjahre* von der Erde entfernt und besitzt eine Helligkeit von 4,7 mag (Abb. 1). NGC 2547 kann bei dunklem Sternhimmel bereits mit einem größeren Fernglas beobachtet werden.

Die Mehrheit der in NGC 2547 enthaltenen Sterne ist nicht älter als 20-35 Millionen Jahre. Das klingt nicht besonders „jung“. Bedenkt man jedoch, dass die Sonne ein Alter von rund 4,6 Milliarden Jahren besitzt und die Hälfte ihrer Gesamtlebenszeit noch nicht erreicht hat, sind diese Sterne im Vergleich tatsächlich sehr jung. Wenn die Sonne ein 40 Jahre alter Mensch wäre, entspräche das Alter der Sterne in NGC 2547 etwa drei Monate alten Babys.

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Abb. 1 Der offene Sternhaufen NGC 2547. 
(Aufnahme des 2,2m-Teleskops der ESO/MPG [1]) © ESO

 

Von besonderem Interesse für die Astronomen ist der sonnenähnliche Stern ID8 dieses Sternhaufen; er besitzt die Objektbezeichnung NGC 2547-ID8. Sein Alter beträgt rund 35 Millionen Jahre. ID8 ist wesentlich älter als andere Sterne, die protoplanetare Scheiben besitzen, und möglicherweise Bestandteil eines Doppelsternsystems.

ID8 ist Teil eines regulären Beobachtungsprogramms. Im Zeitraum von August 2012 bis Januar 2013 maßen die Wissenschaftler eine größere Menge frischen Staubgehaltes in der Scheibe** um den jungen Stern. Der höhere Staubanteil der Planetenscheibe war aufgrund einer Beobachtungspause von 157 Tagen (rund 5 Monaten) – als sich ID8 am Taghimmel hinter der Sonne befand – deutlich erkennbar. Dabei stieg die Helligkeit der Staubscheibe deutlich an und kehrte innerhalb eines Jahres auf ihren ursprünglichen Wert zurück.

Die plausibelste Erklärung für den ungewöhnlichen Anstieg bzw. Abfall der Helligkeit der Scheibe ist eine Kollision zwischen zwei großen Asteroiden oder Proto-Planeten (Abb. 2). Der Zusammenprall erzeugte eine riesige Staubwolke aus feinem „Sand“; die feinen Sandteilchen prallten danach erneut zusammen und erzeugten noch feinere Bestandteile***; man vermutet, dass die Scheibe rund 1033 Staubteilchen enthält [3].

Danach wurden die Staubteilchen von ID8 weg geschleudert, so Huan Meng, einer der Autoren der heutigen Veröffentlichung im Wissenschaftsmagazin Science [3]. Mit dem Zerbrechen der Asteroiden sank die Helligkeit der Staubscheibe um ID8.

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Abb. 2 Künstlerische Darstellung einer Kollision zwischen Asteroiden/Proto-Planeten um den Stern ID8. Die kollidierenden Objekte erzeugen enorme Staubmengen um den Stern (links der Bildmitte). © NASA/JPL-Caltech

 

Bereits vor 2014 haben Forscher Schwankungen in der Staubhäufigkeit um ID8 gemessen und vermutet, dass dort Kollisionen von Asteroiden bzw. Proto-Planeten stattfinden. Aufgrund dieser Beobachtungen vermutet man, dass derart heftige Kollisionen etwa alle 10 Jahre stattfinden. Zur Kontrolle wurde ID8 regelmäßig mithilfe des Spitzer-Teleskops überwacht, seit dem Jahr 2012 sogar wöchentlich.

Erst kürzlich waren Reste einer ähnlichen Kollision - beispielsweise im Sternsystem β Pictoris - nachgewiesen worden [4]. Das Besondere an der neuen Beobachtung ist die Beobachtung vor und nach der Kollision. Die „Wucht“ der Ereignisse, die bei der Entstehung neuer Planeten – wie der Erde - im Gang ist, wäre aufgrund des plötzlichen Helligkeitsanstiegs in der Scheibe um ID8 vorstellbar.

Man nimmt an, dass die Entstehung eines Planeten mit der Existenz von staubigem Material in einer Scheibe um einen jungen Stern beginnt. Dabei formen die Bestandteile der Scheibe zu einem bestimmten Zeitpunkt der Entwicklung kleinere Körper und schließlich solche, die der Größe von Asteroiden oder Proto-Planeten entsprechen.

Durch die heftigen Bewegungen innerhalb der Stern-Scheibe stoßen diese Objekte häufig zusammen. Dabei wird ein Teil der Asteroiden zerstört, andere dagegen „backen“ zu größeren Körpern zusammen und bilden schließlich Proto-Planeten. Wahrscheinlich entstehen aus dieser Vorstufe nach etwa 100 Millionen Jahren fertige Planeten – wie wir sie im Sonnensystem kennen.

Die Wissenschaftler nehmen an, dass 10-15 derartiger großer Zusammenstöße notwendig sind, um einen Gesteinsplaneten von der Größe der Erde zu bilden.
Unter der Annahme, dass heftige Kollisionen etwa alle 10 Jahre stattfinden und die Bildung eines Gesteinsplaneten rund 100 Millionen Jahre dauert, könnten innerhalb dieses Zeitraums rund 10 Millionen Kollisionen stattfinden.

Aufgrund einer vor dem Jahr 2003 stattgefundenen Kollision um ID8 nehmen die Forscher jedoch an, dass es sich bei dem Crash im Jahr 2013 um ein Sekundärereignis handelt, d.h. möglicherweise Fragmente der ersten Kollision erneut zusammengestoßen sein könnten. Wenn die zusammenprallten Objekte relativ groß sind (Durchmesser rund 500 Kilometer), wären wahrscheinlich 1.000 derartige Zusammenstöße bis zur Bildung eines Planeten notwendig. Zur Bildung eines erdartigen Planeten benötigt man in diesem Fall rund 6.000 Planetesimals [1] mit einer Gesamtmasse von 2,5 Erdmassen.

Möglicherweise ist unser Mond ebenso durch eine heftige Kollision in der Frühphase des Sonnensystems – als sich in diesem Bereich des Planetensystems mehr Asteroiden als heute befanden – entstanden; wahrscheinlich bildete er sich durch den Zusammenstoß der Proto-Erde und einem Proto-Planeten von der Größe des Mars.

ID8 ist nunmehr von einer relativ dicken Scheibe aus staubigen Resten umgeben. Die Forscher wollen das Ergebnis dieser Asteroidenkollision regelmäßig beobachten. „Wir beobachten die Bildung eines Gesteinsplaneten direkt vor unseren Augen“, so George Rieke, einer der Co-Autoren [3].

Kollegen wie Kate Su [3] vermuten ebenfalls die Existenz von zahlreichen großen Asteroiden und Planetenembryos um ID8, jedoch ist bisher nicht nachweisbar, ob es sich dabei um Riesenplaneten aus Gestein oder Eis oder Planetesimale [1] – wie im Kuiper-Gürtel [1] unseres Sonnensystems – handelt.

Durch weitere Messungen der Staubhelligkeit wollen die Astronomen berechnen, wie häufig derartige Ereignisse um junge Sterne stattfinden und hoffen, einen weiteren „Ausbruch“ um ID8 beobachten zu können.

Falls Sie Fragen und/oder Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Information zu astronomischen Begriffen und Raumfahrtmissionen
www.wikipedia.de

[2] Information zur University of Arizona (Tucson/U.S.A.)
www.as.arizona.edu

[3] Heng, H. Y. A., et al., Science, Vol. 345, no. 6200 (Aug 29, 2014)

[4] Dent, W. R. F., et al., Science, Vol. 343, no. 6178 (March 28, 2014)

 

* Lichtjahr = Abkürzung Lj, astronomische Längeneinheit
   1 Lj = 9,461 Billionen Kilometer

** Resultat: Kondensation von Silikatkügelchen, die anschließend weiter zermalmt wurden

*** mit Durchmessern von rund einem Mikrometer (1 μm)

 

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