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Seltsames Schwarzes Loch in M82

Schwarze Löcher [1] gehören zu den faszinierendsten und zugleich rätselhaftesten Objekten im Universum.

Schwarze Löcher sind schwarz und daher direkt nicht beobachtbar. Sie hinterlassen allerdings Spuren, mithilfe derer man sie entdecken und vermessen kann. Die ungeheure Anziehung auf Objekte in ihrer unmittelbaren Umgebung – wie Sterne oder Gas- und Staubwolken – ermöglicht die Identifizierung Schwarzer Löcher.

Stellare Schwarze Löcher und Supermassive Schwarze Löcher glauben wir relativ gut zu kennen:

  • Stellare Schwarze Löcher sind klein oder besitzen einen Durchmesser von etwa der Größe der Sonne. Sie sind das Endprodukt ehemals massereicher Sterne mit Massen zwischen 3-30 Sonnenmassen.

Beispiele: Schwarzes Loch in der Zwerggalaxie IC10 (Cas) mit rund 30 Sonnenmassen oder der Röntgendoppelstern XTE J1650-500 mit nur rund 3,5 Sonnenmassen.

  • Supermassereiche Schwarze Löcher befinden sich in der Regel im Zentrum von Galaxien und enthalten mehrere Millionen Sonnenmassen.

Beispiele sind Sagittarius A* (Sgr A*), das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, oder das Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie M87 mit rund 6,6 Milliarden Sonnenmassen.

Die Lücke: Mittelschwere Schwarze Löcher
Die Lücke zwischen stellaren und supermassiven Schwarzen Löchern ist bisher lediglich teilweise geschlossen: sog. Mittelschwere Schwarze Löcher besitzen wahrscheinlich Massen von rund 100-5.000 Sonnenmassen. Sie könnten durch Kollisionen von Sternen und deren anschließender Verschmelzung entstehen. Doch ist ihre genaue Entstehung bisher größtenteils unklar.

ULX – Ultrahelle Röntgenquellen
Möglicherweise verbergen sich mittelschwere Schwarze Löcher in sog. Ultra-hellen Röntgenquellen (ULX, Ultra Luminous X-ray Source).
ULX sind helle punktförmige Röntgenquellen und bestehen wahrscheinlich aus Doppelsternsystemen [1], in denen sich ein Schwarzes Loch und ein anderer Stern umkreisen. Dabei saugt das Schwarze Loch Materie von dem Nachbarstern, nimmt diese auf und wird schwerer. Das vom normalen Stern abgezogene Material fällt allerdings nicht direkt in das Schwarze Loch, sondern sammelt sich zunächst in einer sog. Akkretionsschreibe [1].

Wenn die Materie aus der Akkretionsscheibe in der Schwarze Loch fällt, entsteht Reibung, die fallende Materie heizt sich auf, dabei wird Röntgenstrahlung ausgesendet. Die extreme Röntgenstrahlung ist zu hell, um von einem stellaren Schwarzen Loch emittiert zu werden und zu lichtschwach, um aus einem supermassiven Schwarzen Loch zu stammen. Daher deutet man die abgegebene Röntgenstrahlung der ULX als Ergebnis der Wechselwirkung eines mittelschweren Schwarzen Loches mit der es umgebenden Scheibe.

Wo stecken die mittelschweren Schwarzen Löcher in der Milchstraße?
Möglicherweise haben Astronomen eines dieser mittelschweren Löcher entdeckt: ein Kandidat dieser Kategorie ist das von Chandra [1] entdeckte Objekt M82 X-1 in der Galaxie M82 [1]. Die Galaxie ist rund 12 Millionen Lichtjahre* von der Erde entfernt. (Abb. 1)
M82 ist eine sog. Starburst-Galaxie [1], in der Unmengen neue Sterne entstehen. Die massive Sternentstehung wird durch die Gravitationswirkung der Spiralgalaxie M81 „angeheizt“. M82 befindet sich auf einer Bahn um M81.

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Abb. 1 Die Galaxie M82.
Kompositaufnahme (Röntgenstrahlung, Infrarot, optischer Spektralbereich).
Die Röntgenaufnahme (X-ray) zeigt das Zentrum von M82 mit einigen hellen Röntgenquellen. - (c) X-ray: NASA/CXC/et al., Optical: NASA/ESA/STScI/AURA/The Hubble Heritage Team; IR: NASA/JPL-Caltech/Univ. of AZ/C. Engelbracht (2010)



M82 X-1 befindet sich rund 600 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxie entfernt und ist eine sehr helle ULX (Abb. 2). Ihre Röntgenleuchtkraft und die gemessenen Schwankungen der Röntgenstrahlung deuten auf ein mittelschweres Schwarzes Loch im Bereich von 100-1.000 Sonnenmassen. M82 X-1 befindet sich in einem ultradichten Sternhaufen mit rund einer Million Sternen in einem Bereich von rund 100 Lichtjahren. Optische Beobachtungen des Objektes werden durch Unmengen Staub behindert. Allerdings könnten in einem derart dichten Sternhaufen Sterne kollidieren und als mittelschwere Schwarze Löcher enden.

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Abb. 2 Position von M82 X-1 (Pfeil) im Zentrum der Galaxie M82,
Falschfarbenaufnahme von Chandra [1] im Röntgenbereich.
Maßstab der Aufnahme=4.000 Lichtjahre - (c) NASA/CXC/SAO

 

Die Intensität der Röntgenstrahlung von M82 X-1 variiert mit einer Periode von 62 Tagen (Abb. 3). Die Ursache hierfür ist wahrscheinlich ein Begleitstern, der das Schwarze Loch umkreist, ein sog. Doppelsternsystem. Allerdings ist unklar, ob es sich bei M82 X-1 um ein mittelschweres oder ein stellares Schwarzes Loch handelt. Falls sich herausstellt, dass die 62-Tage Periode einer stabilen Präzessionsbewegung der Akkretionsscheibe zugeordnet werden kann, hilft dies bei der Klärung der Masse von M82 X-1.

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Abb. 3 Röntgenaufnahmen des Zentrums der Galaxie M81.
Beim Vergleich beider Aufnahmen zeigt sich rechts des Galaxienzentrums
(grünes Kreuz) ein Lichtausbruch, ein sog. Flare. An dieser Stelle befindet sich
M82 X-1, ein mögliches Schwarzes Loch. - © NASA/SAO/CXC

 

Neue Messungen von M82 X-1
Die Forschergruppe um Dheeray Pasham vermaß M82 X-1 mit bisher nie dagewesener Genauigkeit und bestimmte die Masse des vermeintlichen Schwarzen Loches zu 428 Sonnenmassen [2]. Die im Fachblatt Nature im August veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass mittelschwere Schwarze Löcher doch existieren.

Die Wissenschaftler studierten Beobachtungen von M82 X-1 aus den Jahren 2004-2010, die mit dem RXTE-Satelliten (Rossi X-ray Timing Explorer) der NASA gemacht wurden. Die Aufnahmen zeigen sich wiederholende Oszillationen der Röntgenstrahlung. Sie spiegeln die Zeit wieder, in der das heiße Material aus der Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch rotiert.

Die Strahlungsschwankungen im Röntgenbereich traten mit Perioden im Verhältnis 3:2 auf [2] und sind möglicherweise die Folge einer Art Resonanz des superheißen Gases, das im Röntgenbereich strahlt, bevor es in das Schwarze Loch fällt.
Die 3:2-Oszillationen sind umgekehrt proportional zur Masse des Schwarzen Loches. Die sich aus den Messungen ergebende Masse von M82 X-1 liegt bei 428 Sonnenmassen (± 105 Sonnenmassen). Trotz eines möglichen Fehlers von rund 100 Sonnenmassen stellt die Messung die bisher genaueste eines potentiellen mittelschweren Schwarzen Loches dar.
Eine andere Auswertungsmethode ergab eine Masse von 415 Sonnenmassen (± 63 Sonnenmassen).

Jedoch bleiben andere Wissenschaftler skeptisch und bezweifeln die vorliegenden Ergebnisse als Beweis für die Existenz mittelschwerer Schwarzer Löcher. Man müsse besser verstehen wie die Strahlungsschwankungen zustande kommen und wie die Akkretionsscheibe (um ULX-Objekte) funktioniere, bevor man über eine Bestimmung der Masse nachdenken könne, so einer der Forscher, der M82 X-1 zuvor untersuchte, jedoch an diesem neuen Projekt nicht beteiligt war.

Der Nachweis von mittelschweren Schwarzen Löchern kann zum weiteren Verständnis Schwarzer Löcher, vor allem ihrer Entstehung und Entwicklung sowie ihrer Häufigkeit in Galaxien beitragen.

 

Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information zu astronomischen Begriffen unter
www.wikipedia.de

[2] Pasham, D. R., et al., Nature 513, 74-76 (2014)

[3] Pasham, D. R., et al., ApJL 774, L16 (2013)

* Lichtjahr = Abkürzung Lj, astronomische Längeneinheit
   1 Lj = 9,461 Billionen Kilometer

 

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