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Hutzi Spechtler  
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Schwarze Witwen und red-backs

Massereiche Sterne [1] entwickeln sich gegenüber normalen Sternen [1] - wie unsere Sonne - relativ schnell und können am Ende ihres Lebens dramatische Veränderungen erleben. Der dabei übrigbleibende Sternrest ist oftmals ein extrem dichter Stern, ein sog. Neutronenstern [1], mit einem enormen Magnetfeld [1]. Diese dichten Sternreste besitzen in der Regel Durchmesser von rund 20 Kilometern und Massen von mehr als einer Sonnenmasse [1].

Pulsare
Neutronensterne rotieren oftmals sehr schnell, man bezeichnet sie als Pulsare [1]. Bei Pulsaren fällt die Rotationsachse [1] nicht mit der Achse des Magnetfeldes zusammen; die Folge ist, dass der Pulsar seine Energie als Strahlung nur entlang einer schmalen Kegelachse aussendet, ähnlich einem irdischen Leuchtturm. (Abb. 1)

Befindet sich die Erde in der Richtung des Leuchtturmstrahls des Pulsars, können regelmäßig wiederkehrende Signale gemessen werden. Die meisten Pulsare strahlen im Radiobereich [1], manche auch im Röntgenbereich [1].

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Abb. 1 Schematische Darstellung eines Pulsars.
Der kleine, dichte Sternrest (im Zentrum) besitzt ein starkes Magnetfeld und sendet seine energiereiche Strahlung nur in eine Richtung aus (Kegel). Dabei rotiert der Stern sehr schnell (rote Pfeile) und verhält sich ähnlich einem Leuchtturm. Nur wenn sich ein Beobachter in Richtung der Achse der rotierenden Kegel befindet, kann er die gepulste Strahlung empfangen. Die ankommenden Signale ähneln denen bei einem Leuchtturm. © NASA

 

Die Rotationsdauer von Pulsaren liegen im Bereich von 0,01 bis 8 Sekunden. Einige Pulsare - etwa 10 Prozent - besitzen extrem kurze Pulsdauern, die sog. Millisekundenpulsare [1]. Etwa 50 Prozent dieser Pulsarart sendet die extrem energiereiche Gammastrahlung [1] aus.

Die Rotationsperioden von Millisekundenpulsaren liegen im Bereich von Millisekunden. Zudem senden sie ihre Pulse mit einer unglaublicher Genauigkeit aus und gleichen damit natürlichen Uhren (Abb. 2). Bisher kennt man in der Milchstrasse insgesamt 230 Millisekundenpulsare. Im Vergleich zu den insgesamt rund 100-200 Milliarden Sternen der Milchstrasse sind es seltene Objekte.

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Abb. 1 Schematische Darstellung eines Millisekundenpulsars.
Ein Millisekundenpulsar (kleiner Stern im Hintergrund) besitzt neben einem enorm starken Magnetfeld sehr regelmässige und extrem kurze Strahlungspulse, die natürlichen Uhren gleichen. Wenn sich der Strahlungskegel in Richtung der Erde befindet, können wir die gepulste Strahlung messen. © NRAO

 

Neue Millisekundenpulsare
Im Jahr 2014 untersuchten Astronomen mithilfe des 305m-Arecibo-Radioteleskops [1] 34 von 1.000 unidentifizierten Gammaquellen [1] der Datensammlung des LAT-Teleskops (Large Area Telescope) [1], dassich an Bord des US-amerikanischen Fermi-Gammastrahlenteleskops [1] befindet.

Dabei entdeckten sie 6 neue Millisekundenpulsare mit Perioden zwischen 1,99 und 4,66 Millisekunden. Unter den neuen Objekten befinden sich einige der seltsamsten und exotischsten Pulsararten.

Pulsare, insbesondere die Millisekundenpulsare, erhalten üblicherweise ihre unglaubliche Rotationsenergie durch die gravitative Wechselwirkung mit einem Begleitstern [1] oder das Aufsammeln von Material ihres Nachbarn, indem sie ihn kannibalisieren. Letztere Millipulsararten bezeichnet man als Schwarze Witwen [1].

Schwarze Witwen

Eine Schwarze Witwe besteht aus einem (sehr jungen) Millisekundenpulsar mit einem massearmen Begleitstern, der sich in einer engen Umlaufbahn mit einer Periode von etwa einem Tag befindet. Dabei wird die äußere Hülle des Begleitsterns durch die energiereiche Strahlung des Millisekundenpulsars aufgeheizt. (Abb. 3)

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Abb. 3 Künstlerische Darstellung einer Schwarzen Witwe.
Schwarze Witwen sind Bestandteil von Doppelsternsystemen, in denen sich meistens ein sehr junger Millisekundenpulsar in einer sehr engen Umlaufbahn mit einem massearmen Begleitstern (gelborangefarbener Stern) befindet. Dabei findet eine Wechselwirkung mit der äusseren Hülle des Begleitsterns statt, die die Schwarze Witwe konsumiert und den Begleiter im Laufe der Zeit sozusagen auffrisst. Die Darstellung entspricht einem Millisekundenpulsar, der sich pro Sekunde 390 Mal um sich selbst dreht; dabei sendet er periodisch Radio- (grün) und Gammastrahlung (pinkfarben) aus. Der Pulsar (kleiner Stern) heizt die Hülle (orangefarben) seines Begleitsterns auf mehr als 10.000 Grad auf, die dadurch langsam verdampft. © NASA

 

Der Begleitstern ist auf der dem Pulsar zugewandten Seite heller, er verdampft innerhalb von einigen Millionen Jahren; dabei bildet sich um beide Sterne ein Nebel aus Material des Begleitsterns. Diese Wechselwirkung dämpft die Pulse des Pulsars. Schwarze Witwen besitzen Massen von 2-3 Sonnenmassen [1]. Die von dem Pulsar angefressenen Begleitsterne können bis auf ein Zehntel Sonnenmasse schrumpfen.

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Abb. 4 Künstlerische Darstellung einer Schwarzen Witwe
mit verdampfendem Begleiter.
Schwarze Witwen (Stern im Hintergrund) können durch die Wechselwirkung mit der äusseren Hülle ihres massearmen Begleitsterns (Stern im Vordergrund) den Begleiter im Laufe der Zeit auffressen bzw. kannibalisieren. Der Pulsar befindet sich in einer engen Umlaufbahn mit dem Begleiter, heizt dessen Hülle (orangefarben) auf und lässt sie verdampfen. (s. Abb. 3) © NASA

 

Aufgrund des dabei entstehenden Lichtwechsels bezeichnet man das Sternduo als Bedeckungsveränderlichen Millisekundenpulsar in einem Doppelsternsystem [1]. Besitzt der Millisekundenpulsar eine Rotationsperiode von weniger als 5 Millisekunden, bezeichnet man ihn als Schwarze Witwe. Die Sternreste besitzen eine hohe Eigenbewegung, wahrscheinlich als Folge der Entstehung aus einer Supernova [1].

Inzwischen sind etwa 30 Systeme mit Schwarzen Witwen bekannt; das erste Beispiel entdeckte man im Jahr 1988.

Die neuen Millisekundenpulsare
Bei fünf der sechs neuen Pulsare handelt es sich um miteinander wechselwirkende Doppelsternsysteme mit Bahnperioden von weniger als 8,1 Stunden, beispielsweise dem System PSR J1805+06 [1].

Unter den neuen Objekten befinden sich 3 Schwarze Witwen, deren Begleiter durch die Wechselwirkung inzwischen weniger als 0,1 Sonnenmassen besitzen. Das System PSR J2052+1218 [1] besitzt einen sehr schnellen Pulsar mit einer Rotation von 1,99 Millisekunden und einer Umlaufperiode von 2,8 Stunden.

Red-backs
Bei den beiden anderen engen Sternsystemen handelt es sich um sog.
red-backs (bzw. redbacks) [1]. Red-backs enthalten Pulsare, die sehr oft durch das Ausströmen von Materie eines nicht-degenerierten Begleiters [1] während des Grossteils ihrer Umläufe verdeckt werden. Die Begleitsterne von red-backs besitzen Massen von mehr als 0,1 Sonnenmassen.

Red-backs sind Millisekundenpulsare, die im Radiobereich strahlen; sie sind nach einer todbringenden australischen Spinne [1] benannt. Die Systeme enthalten Begleitsterne im Massebereich von 0,2-0,7 Sonnenmassen. Das erste System wurde im Jahr 2013 entdeckt [5]. Innerhalb der Milchstrasse existieren sogar optisch beobachtbare red-backs: die dazugehörigen Begleiter strahlen im Optischen.

Die Neutronensterne in Systemen mit Schwarzen Witwen und red-backs sind schwerer als 1,4 Sonnenmassen. Insgesamt machen beide Arten etwa 15 Prozent aller Millisekundenpulsare aus. Schwarze Witwen und red-backs findet man oft in Kugelsternhaufen [1].

Der 6. Millisekundenpulsar, PSR J1824+10 [1], gleicht eher einem typischen Neutronenstern mit einem Weißen Zwergstern [1] als Begleiter. Das System besitzt eine Umlaufperiode von 83 Tagen, Pulse mit einer Periode von 4,07 Millisekunden und befindet sich in einer Entfernung von 8.160 Lichtjahren [1].

Noch ist nicht völlig verstanden, ob ein Zusammenhang zwischen Schwarzen Witwen und red-backs existiert. Fest steht, dass beide Arten der Millisekundenpulsare die Physiker in die extremsten Bereiche der Physik führen.

 

Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe www.wikipedia.de

[2] Ossendrijver, M., in amor.cms.hu-berlin.de

[3] Ossendrijver, M., Science 351, 482-484 (2016)

[4] Ossendrijver, M., Journal of Cuneiform Studies 66, 149-165 (2014)

[5] Bellm, E.C., et al., ApJ (2015)

 

 

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