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Chury ist dunkler als Holzkohle

Kometen [1] bestehen aus Eis und Gestein. In Erdnähe erscheinen uns Kometen oftmals sehr hell; im Vergleich zu anderen Himmelskörpern reflektieren sie jedoch nur wenig von dem Sonnenlicht, von dem sie beleuchtet werden: Kometen sind dunkle Himmelsobjekte.

Der Begriff Albedo
Wissenschaftler messen die Fähigkeit einer Oberfläche, das auf sie treffende Licht zu reflektieren - eines Tisches, des Mondes oder eines Kometen etc. - mithilfe der sog. Albedo (lat. „Weißheit“ eines Körpers) [1]. Die Albedo wird auch als Rückstrahlvermögen eines Körpers bezeichnet.

Dabei besitzt ein Körper, der sämtliches auf ihn fallendes Licht wieder reflektiert, eine Albedo von 1, er erscheint weiß. Eine Albedo von Null Prozent bzw. dem Wert 0 bedeutet, dass man einen schwarzen Körper betrachtet, der jegliche auf ihn treffende Strahlung absorbiert und nicht wieder reflektiert.

Die Albedo bekannter Himmelskörper
Frisch gefallender Schnee besitzt eine Albedo von bis zu 90 Prozent, daher benötigen wir im Winterurlaub in den Bergen eine gute Sonnenbrille: der Schnee blendet nicht nur die Skifahrer.
Die Albedo von Gras beträgt 10-20 Prozent. Die Albedo von Asphalt liegt zwischen 5-15 Prozent, die von frischem Asphalt bei 4 Prozent; die Albedo von Kohle liegt im Bereich von 2-5 Prozent.

Der hellste Körper des Sonnensystems ist der Saturnmond Enceladus [1], dessen Oberfläche aus Eis besteht. Seine Albedo beträgt 99 Prozent!!!
Die Albedo der Venus beträgt 0,75, sie reflektiert 75 % des auf sie treffenden Sonnenlichtes zurück in den Weltraum; nicht nur aufgrund ihrer Nähe zur Erde, sondern wegen ihrer hohen Albedo, erscheint uns die Venus am Himmel so hell.

Die Albedo der Erde beträgt im Mittel 0,3. Der uns so hell erscheinende (Voll)Mond besitzt eine Albedo von 0,12. Die Albedo der Planeten Merkur und Mars beträgt jeweils 0,1 bis 0,15. Die Albedo der meisten bekannten Kometen liegt im Bereich von 2-6 Prozent: Kometen sind so dunkel wie handelsübliche Holzkohle [2].

Rosetta misst Churys Albedo
Der Detektor Alice der Kometensonde Rosetta [2], ein sog. UV-Spektrograph [1], soll den Ursprung und die Zusammensetzung des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko („Chury“) messen; die Untersuchung im ultravioletten Bereich [1] des Spektrums ermöglicht Aussagen über die Zusammensetzung der Kometenatmosphäre (Koma) und Eigenschaften seiner Oberfläche. Diese Messungen sind durch erdgebundene Beobachtungen nicht möglich.

Alices Schwesterinstrument befindet sich an Bord der Sonde New Horizons, die sich auf dem Weg zu Pluto befindet und diesen im Jahr 2015 erreichen soll.

Chury ist dunkel wie Kohle
Alice hat mit zunehmender Annäherung der Sonde Rosetta an Chury dessen  Reflexionsvermögen gemessen. Die dabei gemessene sehr dunkle Kometenoberfläche und die geringen Mengen ausgestoßenen Wassereises sowie das Fehlen größerer Wassereisbereiche auf der Oberfläche erstaunen die Forscher [2]. Weiterhin entdeckte Alice die Gase Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) in der Kometenkoma [1].

Man kann sagen, Churys Oberfläche ist dunkler als Holzkohle (Abb. 1), wenn man diese im ultravioletten Spektralbereich beobachten würde. Obwohl Chury unter seiner Oberfläche sicherlich riesige Mengen Wassereis besitzt, erscheint er im ultravioletten Bereich wie ein riesiger Parkplatz, der frisch asphaltiert wurde.

Chury

Abb. 1 Vergleich des dunklen Aussehens
von Asphalt (links) und Holzkohle (rechts).

 

Das dunkle Aussehen einer Kometenoberfläche ist nicht unüblich: während seiner Reise durch das Sonnensystem sammelt ein Komet Staub und anderes Material auf, der sich auf seiner Bahn befindet. Seine ursprünglich (bei seiner Entstehung) rein weiße Oberfläche wird zunehmend schmutziger, auch durch das Auftreffen sog. kosmischer Strahlung, die dafür sorgt, dass die freien reaktionsfreudigen Sauerstoffatome des Wassereises locker werden, sich lösen und mit den reaktionsfreudigen Kohlenstoff-Molekülen (auf der Oberfläche) verbinden. Es bilden sich größere, komplexe und dunkle Stoffe, die Teer und Rohöl ähneln.

Was haben Chury und Asphalt gemeinsam? Beide sind sehr dunkel.

Je öfter ein Komet auf einer Bahn um die Sonne zieht und anschließend wieder in die Weiten des äußeren Sonnensystems fliegt, desto mehr wird seine Oberfläche durch das Aufsammeln von Staub und komplexem organischen Material sozusagen „isoliert“ bzw. verdunkelt. Insbesondere fernab der Sonne, wenn der Komet inaktiv ist und seine in Sonnennähe aufgeschmolzene Oberfläche wieder einfriert, wird er dunkel und schließlich selbst für riesige Teleskope unsichtbar.

Hierin liegt das Problem der Entdeckung neuer Kometen oder die der Wiederkehr eines sehr langperiodischen Kometen, der sich sehr lange weit von der Sonne entfernt befand: sie sind während eines Großteils auf ihrer Umlaufbahn so dunkel, dass sie nicht beobachtbar sind.

Daher ist interessant, wie viel „dunkle Materie“ sich auf Churys Oberfläche bisher angesammelt hat, d.h. wie alt er tatsächlich ist. Könnte man aus Chury eine Scheibe seines Materials herausschneiden – so wie aus einem Stück Käse -, würde man möglicherweise sehen, dass Chury einem selbstgemachten Oreo* ähnelt.

chury

Abb. 2 Seitenansicht aufeinandergestapelter selbstgemachter Oreos.

 

Ein Oreo ist außen sehr dunkel, innen dagegen fast weiß. Möglicherweise entspricht dieser Aufbau einer dunklen Kometenoberfläche aus Staub und organischen Verbindungen (bis hin zu Aminosäuren [1]) und einem hellen Inneren, beispielsweise aus Wassereis.

Trotz der Beobachtung zahlreicher Kometen in der Vergangenheit wissen wir nur wenig über die innere Struktur von Kometen, die Prozesse der Akkretion (Aufsammeln) von Materie während ihrer Bildung im solaren Urnebel [1] und ihrer anschließenden Entwicklung im Sonnensystem.

Der Lander Philae [2] soll Ende des Jahres nicht nur auf Chury landen, sondern auch die Struktur und Zusammensetzung seiner Oberfläche untersuchen.

chury

Abb. 3 Künstlerische Darstellung des Kometen Chury.
Der rund 4 Kilometer große Komet im Vergleich zur Stadt Los Angeles. 
© ESA/anosmicovni

 

Bis dahin bleiben Churys genauer Aufbau und seine detaillierte chemische Zusammensetzung ein Rätsel. Könnten wir Chury wie ein teures Gemälde auf die Erde holen (Abb. 3), ausstellen und untersuchen, würden wir sicherlich schneller und leichter herausfinden, wie Kometen funktionieren und aus welchem Material sie bestehen.

 

Falls Sie Fragen und/oder Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Information über astronomische und physikalische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] Mehr Information über die ESA, Rosetta und Philae
http://www.esa.int/ESA

[2] www.astro.cornell.edu

[3] Weitere Information über Chury und Kometen auf unserer Webseite
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles_atmosphaere_von_kometen.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles_philae.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__neues_rosetta.html

[4] Kamoun, P., et al., A&A 568, A21 (2014)

 

* Oreo ist der Markenname einer Kekssorte des US-amerikanischen Unternehmens Nabisco, die 1912 erstmals auf den Markt kam. [1]

 

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