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Mars-Komet im Anflug aus Mars

Nur noch 9 Tage bis zur Ankunft des „Mars-Kometen“ am Roten Planeten:

Die NASA [1] hatte gestern zu einer Pressekonferenz im Zusammenhang mit der Begegnung des Kometen C/2013 A1 (Siding Spring) und dem Planeten Mars geladen.

Der „Mars-Komet“ wird am 19. Oktober mit einer Geschwindigkeit von rund 56 Kilometern pro Sekunde (rund 200.000 km/h) am Roten Planeten in einem Abstand von rund 136.000 Kilometern vorbeifliegen; diese Entfernung entspricht der halben Strecke von der Erde zum Mond.

Der Durchmesser des Kometen beträgt rund einen Kilometer* und ist damit wesentlich kleiner als der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko („Chury“), auf dem die ESA [1] am 12. November landen wird [3]. Seine Masse entspricht etwa 70.000 Mal der des Eiffelturmes in Paris.

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Abb. 1 Schematische Darstellung: Vergleich der Durchmesser des Kometen
Siding Spring (links) und des Kometen Chury (rechts).
Im Vordergrund befindet sich eine amerikanische Großstadt.  © NASA/JPL

 

An der Pressekonferenz nahmen Jim Green (NASA [1]), Kelly Fast (NASA), Carey Lisse (Johns Hopkins-Universität [1]) und Padma Yanamandra-Fisher (Space Science Institute [1]) teil.

Die NASA-Sonden
Die NASA versucht ihre auf oder am Mars stationierten Sonden und Rover „so nah wie möglich“ an dieses seltene und hoffentlich spektakuläre Ereignis heranzubringen.
Das Besondere an dieser ungewöhnlichen Begegnung ist die Premiere, die Siding Spring innerhalb des inneren Sonnensystems vollführt: dieser aus der Oortschen Komentenwolke [1] (Abb. 2) stammende „Schweifstern“ befand sich niemals zuvor so weit im Inneren des Sonnensystems. Aufgrund der enormen Entfernung der Kometenwolke konnte bisher keine Raumsonde dorthin gelangen.

Die Forscher gehen davon aus, dass sich der Komet ursprünglich zwischen den Planeten Jupiter und Neptun [1] gebildet hat und später aus dem Sonnensystem „herausgeschleudert“ wurde [5].

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Abb. 2 Schematische Darstellung der Bahn des Kometen Siding Spring.
Er stammt aus der Oortschen Kometenwolke (blaue Kugel) und befindet sich nun
im Inneren des Sonnensystems. Im Zentrum befindet sich die Sonne. © NASA/JPL [5]

 

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Siding Spring einen unverfälschten Eindruck auf ein Objekt zulässt, das sich in der Frühphase des Sonnensystems gebildet hat. Insbesondere die Messung der Zusammensetzung von Siding Spring lässt die Forscher hoffen, Materialien wie Wasser und kohlenstoffhaltige Substanzen zu finden, die aus einer Zeit von vor rund 4,6 Milliarden Jahren stammen.

Gegenwärtig „schwirren“ drei Kometen aus der Oortschen Kometenwolke am Himmel herum:
der Komet PANSTARRS [1], Siding Spring und der Komet Jacques [1]. Auch der in Sonnennähe zerplatzte Komet ISON [1] stammte wahrscheinlich aus der entfernten Kometenwolke. Er enthielt organisches Material, weshalb die Forscher hoffen, dass Siding Spring ebenfalls organisches Material aufweist.

Die NASA bringt ihre Missionen Mars Odyssey Orbiter, Mars Reconnaissance Orbiter und MAVEN (Mars Atmosphere and Volatile EvolutionN) [1] in Stellung, um ein möglichst geringes Risiko von Beschädigungen durch den Kometenvorbeiflug einzugehen.
Dennoch sollen die Sonden und Rover zur Erforschung von Siding Spring eingesetzt werden:

Wie sieht Siding Spring aus?
Die Kamera des Mars Reconnaissance Orbiters (HiRISE [1]) könnte während des Vorbeifluges den Kometenkern auflösen, d.h. die Form des Kerns bestimmen helfen.
Bisher kennen wir lediglich die Form sog. Periodischer Kometen [1], die hin und wieder ins innere Sonnensystem gelangen, an der Sonne vorbeifliegen und danach wieder an den Rand des Sonnensystems zurück. Dabei hat sich ihre Oberfläche durch die Erwärmung in Sonnennähe wahrscheinlich „abgenutzt“. Nun haben die Forscher die Möglichkeit, einen neuen, frischen Kometenkern zu Gesicht zu bekommen. Diese Aussicht ist fantastisch!

Allerdings dürfen wir von den HiRSE-Bildern keine detailreichen Aufnahmen erwarten wie von Rosetta. Falls Siding Spring einen Kerndurchmesser von einigen Kilometern besitzt, beträgt er auf dem Kamerachip leider nur 7-8 Pixel. Dennoch werden diese Aufnahmen ausreichen, Details über seine Form zu erkennen.

Die Ausrüstung dieses Mars-Orbiters wurde leider für einen sich langsam drehenden Planeten entwickelt. Dennoch ist es möglich, mithilfe der Instrumente des MRO den Kometen wiederholt für eine Dauer von rund 2,5 Tagen zu beobachten. Rund 100 Minuten nach der Annäherung des Kometen soll nicht nur dieser Orbiter, sondern alle Marssonden, in eine sichere Position (hinter den Mars) gebracht werden und den Kometen (zunächst) aus den Augen verlieren. Dann kreuzt Mars die Bahn des Kometen Siding Spring und gelangt in einen Teilchenschauer.

Was sehen Opportunity und Mars Express?
Der Marsrover Opportunity befindet sich gegenwärtig an der Westseite des Endeavour-Kraters [1] und untersucht Material am Krater Ulysses [1]. Leider musste Opportunity kurzfristig neu gestartet werden, funktioniert jedoch angeblich wieder einwandfrei und ist bereit für die Begegnung mit Siding Spring.

Die ESA-Sonde Mars Express [1] ist zwar schon „in die Jahre“ gekommen, wird jedoch mithilfe ihres Teilchendetektors ASPERA-3 aktiv sein, wenn der Komet vorbeirauscht. Sie soll versuchen, die Vermischung von Teilchen aus dem Kometenschweif mit der oberen Marsatmosphäre zu messen. Die Wissenschaftler schätzen, dass der Komet rund 100 Kilogramm Material pro Sekunde ausstößt, wenn er am Roten Planeten vorbeirast. ASPERA-3 soll versuchen Wassermoleküle zu finden, die sich üblicherweise nicht in der Marsatmosphäre befinden, außerdem soll die Zusammensetzung des Kometenschweifes erforscht werden.

Siding Spring – der saubere Komet?
Siding Spring ist neu und unverbraucht und fliegt zum ersten Mal in Richtung Sonne. Seine Oberfläche müsste der entsprechen, die er seit seiner Entstehung besitzt. Einen „frischen“ Kometen hat noch niemand gesehen. Bisher kennen wir lediglich Kometen, die eine extrem dunkle, staubige Oberfläche besitzen, und bereits etliche Male ins innere Sonnensystem gelangten. Die Forscher glauben daher, dass alle Kometen so aussehen.
Stimmt das? Möglicherweise wird die Kometenoberfläche erst nach etlichen Umläufen und der Einwirkung starker Sonnenstrahlung staubig und dunkel. Werden Kometen bei ihrer Annäherung an die Sonne langsam gegrillt? Sind neue, frische Kometenkerne heller? - Niemand weiß, was uns erwartet.

Mögliche Schäden?
Der Zeitraum des größten Risikos für Schänden an den Marsmissionen beginnt rund 90-100 Minuten vor der engen Begegnung und dauert etwa 20 Minuten. Neue Modellrechnungen haben ergeben, dass die mögliche Beschädigung der Marssonden nicht so groß ist wie zunächst befürchtet. Der Mars wird sich demnach eher am Rand der Teilchenwolke des Kometen befinden und somit weniger Material abbekommen als erwartet – oder auch nicht.

Die Marssonden sollen Siding Spring vor, während und nach der Annäherung an den Mars beobachten und photographieren. Mithilfe dieser Daten erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse über die Größe, die Rotation und die Aktivität des Kometenkernes sowie Aufschlüsse über die Vielfalt und die Zusammensetzung der Kometenkoma [1] und die Größe und Verteilung von Staubpartikeln im Kometenschweif. Die Wissenschaftler erwarten, dass durch die Begegnung mit dem Kometen einige Zehn Millionen Staubkörner auf den Mars fallen, das entspricht rund 100 Kilogramm Staub [7].

Die beiden Marsrover Opportunity und Curiosity haben laut dieser Vorhersage ebenfalls „nichts Schlimmes“ zu befürchten: die dünne Marsatmosphäre wird die beiden Rover vor dem schädlichen Kometenstaub schützen. Daher können sie den vorbeifliegenden Kometen relativ unbehindert beobachten (Abb. 3).

Eine der größten Hoffnungen der Forscher ist die Beobachtung von möglichen Meteoren, möglicherweise sogar einem Meteorschauer [4], wenn die Staubteilchen des Kometen mit der dünnen Marsatmosphäre wechselwirken. Dann soll ebenfalls untersucht werden, ob diese Begegnung die Atmosphäre des Mars verändert hat, beispielsweise die Verteilung neutraler und geladener Teilchen oder die Lufttemperatur und die Wolken.

In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Sonde MAVEN eine gute Gelegenheit zur Beobachtung des Mars haben; sie soll die Wechselwirkung der Kometenkoma mit der oberen Marsatmosphäre „unter die Lupe“ nehmen.

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Abb. 3 Künstlerische Darstellung eines möglichen Meteorschauers aufgrund der
Begegnung des Kometen Siding Spring mit dem Planeten Mars.
Im Hintergrund befindet sich ein Mars-Rover.  © NASA/JPL

 

Indien bringt MOM in Sicherheit
Die erst kürzlich am Mars angekommene Mission MOM (Mars Orbiter Mission) [4] wurde von der indischen Raumfahrtorganisation ISRO [1] ebenfalls bereits in eine sichere Position am Mars gebracht.

Dienstag Nacht wurde MOMs Bahn so geändert, dass sie sich zum Zeitpunkt der Begegnung mit dem Kometen hinter dem Mars befindet. Am 19. Oktober wird sich MOM rund 400 Kilometer von der Marsoberfläche entfernt befinden. Die Entfernung zu Siding Spring beträgt an diesem Tag rund 140.000 Kilometer. Trotzdem soll MOM versuchen, den Kometen mithilfe ihrer Farbkamera zu fotografieren.

Auf der Erde
Auf der Erde können wir leider keine Details dieser seltenen Begegnung sehen, dafür soll das Weltraumteleskop Hubble [1] am 19. Oktober in Richtung des Planeten Mars blicken. Des weiteren werden die Missionen Kepler**, Swift, Spitzer und Chandra (Röntgensatellit) [1] sowie ein erdgebundenes Infrarot-Teleskop (IRTF [1]) auf dem Mauna Kea (Hawaii) versuchen seltene Blicke des Ereignisses zu erhaschen.

Befände man sich während des Vorbeifluges von Siding Spring am Mars auf der Oberfläche eines Marsmondes, ergäbe sich sicherlich ebenfalls ein interessanter Anblick (Abb. 4).

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Abb. 4 Simulation der Begegnung des Kometen Siding Spring und dem Planeten Mars
von der Oberfläche des Marsmondes Deimos; rechts oben im Bild der Marsmond Phobos.
© http://astroblogger.blogspot.com.au

 

Ebenso werden die NASA-Mission NEOWISE (Near-Earth Object Wide-field Infrared Survey Explorer) und die beiden Sonnenteleskope STEREO (Heliophysics spacecraft, Solar TErrestrial RElations Observatory) und SOHO (Solar and Heliophysics Observatory) den Kometen nicht aus den Augen lassen. Die Ballonmission BOPPS (Balloon Observation Platform for Planetary Science), die mit einem Teleskop ausgestattet ist, hat Siding Spring bereits im Blick.

Zudem sorgt ein kleines Netzwerk von Amateurastronomen und Roboter-Teleskopen, vor allem auf der Südhalbkugel der Erde, für hoffentlich interessante Bilder vor, während und nach der Begegnung.

Eine Chance für uns Erdbewohner die Begegnung live mitzuerleben finden sie unter [2].

Bilder schnell online
Die NASA verspricht Bilder und Neuigkeiten vor, während und nach der Begegnung des Kometen mit dem Mars so schnell wie möglich online zu posten (sofern irgendwie möglich) – und hat damit hoffentlich der „Bilderpolitik“ der Rosetta-Mission vieles voraus. Jedenfalls sollen spätestens am 20. Oktober, einen Tag nach der Begegnung, erste bearbeitete Bilder der Begegnung vorliegen, Bilder der Annäherung des Kometen an den Roten Planeten entsprechend früher. Die Auswertung sämtlicher Daten benötigt hingegen mehrere Monate.

Ob der Anblick des Kometen Siding Spring von der Marsoberfläche so imposant ist wie auf der nachfolgenden Darstellung (Abb. 5), werden wir bald erfahren. Die Länge des Kometenschweifes entspricht zum Zeitpunkt seines Vorbeiflugs am Mars mehr als der halben Entfernung der Erde zum Mond (rund 400.000 Kilometer). Der Durchmesser der Koma des Kometen besaß im März rund 50.000 Kilometer und ist durch die weitere Annäherung an die Sonne sicherlich größer geworden.. Die Masse des Staubs, der sich in der Koma befindet beträgt rund 300 Millionen Kilogramm [7].

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Abb. 5 Künstlerische Darstellung der Begegnung des Kometen Siding Spring mit dem
Planeten Mars. Im Vordergrund befindet sich ein Mars-Rover.  © S. Hobbs/Stockrek Images

 

Das Fazit
Die letzten Vorhersagen bezeichnen den Kometen Siding Spring leider eher als „unvorhersagbar“. Innerhalb der letzten Wochen sank die Helligkeit des Kometen. Bisher stieg die Kometenhelligkeit nicht weiter an. [6]

Falls Siding Spring als „fader Geselle“ am Mars vorbeifliegt, werden wesentlich weniger aufregende Aufnahmen und Ergebnisse erwartet, zumal Mars sich gegenwärtig in einem Staubzyklus [1] mit auftretenden Staubstürmen befindet.

 

Falls Sie Fragen oder Kommentare zu diesem Thema haben, mailen Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Information über den Kometen Siding Spring und die aktiven Marssonden
http://de.wikipedia.org

[2] Komet Siding Spring LIVE am 19. Oktober – The Virtual Telescope (ab 16:45 UT)
http://www.virtualtelescope.eu

[3] Alles Wichtige über Rosetta und den Kometen Chury auf unserer Homepage
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta__hauptseite.html

[4] Kurzberichte über die indische Marssonde MOM
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__marsbesucher.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles_mom.html
und den Marskometen
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles_der_mars_komet.html

[5] Pressekonferenz der NASA am 09.10.2014 (NASA-TV)

[6] Aktuelle Lichtkurve des Kometen C/2013 A1 (Siding Spring) [Jan–Okt 2014]

     Die Helligkeit des Kometen beträgt gegenwärtig 11,5-12,2 mag.

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© J. J. Chambó/cometografia.es

[7]
Kiss, C., et al., A&A (2014)
Kelly, M. S., P., et al., APJL (2014)

 

* möglicher Durchmesser des Kometen 700 Meter bis 5 Kilometer

** Kepler soll den Kometen bis Ende Oktober beobachten.

 

 

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