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Einstein hatte Recht - Gravitationswellen erstmals entdeckt
- Teil I: Überblick -

Albert Einstein - Allgemeine Relativitätstheorie - Gravitationswellen - Raumzeitverbiegung - Schwarze Löcher

Diese Begriffe fielen heute während einer Pressekonferenz des LSC (LIGO Scientific Collaboration) [1] im National Press Club [1] in Washington D.C., fast genau 100 Jahre nach Einsteins Veröffentlichung im Jahr 1916, in der er die Existenz von Gravitationswellen[1, 2] vorhersagte.

Die NSF (National Science Foundation) [1] hatte heute Wissenschaftler des CalTech [1], des MIT [1] und des LSC (Abb. 1) gebeten, über den aktuellen Stand ihrer Forschung am LIGO zu informieren.

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Abb. 1 Warnung vor dem Schwarzen Loch.
Der MIT-Physiker Rainer Weiss bei der New York Science Fair [1].
© MIT/R. Weiss

 

Was war geschehen?
Vor langer Zeit umkreisten sich zwei stellare Schwarze Löcher [1].
Dabei näherten sie sich immer weiter an: sie wirbelten mit halber Licht-
geschwindigkeit [1] umeinander, bis sie schliesslich vor rund 1,3 Milliarden Jahren ineinander fielen. Bei dieser Verschmelzung entstand ein neues, noch massereicheres Schwarzes Loch.

Die Kollision bzw. die anschliessende Verschmelzung der beiden Sternmonster glich einem "Beben" im Universum: bei der Abstrahlung von Gravitationswellen entstanden sog. Verzerrungen der Raumzeit [1]. Dieser Vorgang gleicht den Wellen, die entstehen, wenn man einen Stein in einen ruhigen Teich wirft (Abb. 2).

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Abb. 2 Bei dem Wurf eines Steines in eine glatte Wasseroberfläche entstehen
sich kreisförmig ausbreitende Wellen.
© fotosearch.com

 

Die sich bei der Verschmelzung der beiden Schwarzen Löcher ausbreitenden Wellen passierten im September letzten Jahres die Erde. An diesem Tag entdeckten die Wissenschaftler erstmals die von Einstein vorhergesagten Wellen:

LIGO hat Gravitationswellen beobachtet.

Dieser Triumph gehört den rund 1.000 Physikern aus 16 Ländern, die am LIGO beschäftigt sind bzw. der internationalen Kooperation angehören.

"Wir haben es geschafft",

so David Reitze [1], Physiker und LIGO Executive Director [1] am CalTech.

Die LIGO-Forscher entdeckten eine Gravitationswelle, die den Raum um nur ein 1021-tel (0.0000000000000000000001) streckte und dafür sorgte, dass die gesamte Erde kurz nacheinander um 1/100.000-tel Nanometer [1] expandierte und anschliessend kontrahierte - bzw. die Raumzeit um die Erde und diese mit der sie umgebenden Raumzeit.

Diese winzige Strecke entspricht dem Durchmesser eines Atomkerns [1]. Mit dem blossen Auge können wir das nicht wahrnehmen.

Die Beobachtung stellt einen strengen Test der Einsteinschen Theorie der Gravitation, der sog. Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) [1], dar. Die Messung am LIGO beweist erstmals:

Schwarze Löcher existieren tatsächlich.

Die neue Entdeckung ist ein starker Kandidat für die Vergabe des Nobelpreises für Physik [1] - ob in diesem oder im nächsten Jahr wird sich weisen.

Wie gelang der Nachweis?
Am LIGO wartete man bereits seit Jahren auf eine unsagbar geringe Dehnung des Raumes [2]. Zum Nachweis der Gravitationswellen dienen zwei Interferometer [1] von jeweils 4 Kilometern Länge [2] an 2 Standorten [2]. Am Ende jedes Interferometerarms befindet sich ein Spiegel, an dem Licht eines Lasers [1] mit bekannter und konstanter Wellenlänge [1] hin und her "pendelt".

Keine Messung
An der Kreuzung beider Arme treffen sich die beiden Laserstrahlen und überlappen. Haben die beiden Strahlen exakt gleiche Wege beim Hin- und Herpendeln zurückgelegt, "wischen" sie sich sozusagen gegenseitig aus:
sie interferieren [1]. Das Ergebnis ist ein dunkler Bildschirm.

Eine Messung
Wird das Laserlicht auf seinem Weg durch eine Gravitationswelle gestört, kommen die Strahlen zu unterschiedlichen Zeitpunkten an und löschen sich nicht aus. Auf dem Bildschirm zeigt sich ein (helles bzw. farbiges) Signal.

Die Messgenauigkeit der vom Laserlicht zurückgelegten Strecken liegt bei einem 10.000-tel Protonendurchmesser [1]. Das ist so empfindlich, dass man theoretisch die Wirkung einer Gravitationswelle beobachten können sollte -
das sagt die Theorie.

Bevor eine potentielle Messung möglich bzw. interpretierbar ist, müssen sämtliche Störquellen eliminiert werden, beispielsweise Signale von Erdbeben, Störungen durch den Verkehr, Wellen an der Küste, etc.

Die Messdaten: das 1. Signal

Am 14. September 2015 um 09:50:45 UT (Universal Time) [1] meldete das automatische System von LIGO ein Signal. Die Schwingung (Oszillation [1]) trat bei einer Frequenz von 35 Hertz (Zyklen pro Sekunde, Hz) [1] auf; danach wurde sie schneller und erreichte 250 Hz bevor sie 0,25 Sekunden später verschwand (Abb. 3).

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Abb. 3 Das LIGO-Signal vom 14. September 2015.
Die obige Darstellung zeigt den Zusammenhang zwischen der Amplitude (y-Achse)
des Signals vom 14.09.2015 und deren zeitlichem Verlauf (x-Achse) der beiden Interferometer (Livingston und Hanford). Das Signal schaukelt sich auf, erreicht
ein Maximum (Peak) und verschwindet danach wieder. [2]
© LIGO/NSF

 

Der Frequenzanstieg des Signals (chirp [1]) (Abb. 3) beschreibt zwei massereiche Himmelsobjekte, die ineinander spiralen. Das Signal wurde an beiden Standorten von LIGO (Louisiana und Washington) empfangen; das Signal traf am 2. Standort mit einem zeitlichen Abstand von 0,007 Sekunden ein; diese Laufzeitdifferenz [1] entspricht der Ausbreitung des Signals (Gravitationswelle) mit Lichtgeschwindigkeit [1] - wie von Einstein vorhergesagt: sozusagen ein "Bilderbuchsignal".

Das Signal ist so deutlich bzw. signifikant, dass es den sog. 5σ-Standard
[1, 2] überschreitet, bei dem es sich in Wissenschaftskreisen um eine Entdeckung handelt. Die LIGO-Forscher konnten das Signal bereits in den Rohdaten [1] sehen; nachdem mögliche Störsignale eliminiert waren, fiel das Signal sofort ins Auge, so einer der Verantwortlichen.

Die Ursache des Signals
Ein Vergleich der Messung mit entsprechenden Computersimulationen zeigt, dass die beobachtete Wellenform von zwei Objekten mit 29 bzw. 36 Sonnenmassen [1] stammen muss, die sich zu diesem Zeitpunkt lediglich 210 Kilometer voneinander entfernt befanden bevor sie anschliessend miteinander verschmolzen.

Nur ein Schwarzes Loch kann derart viel Masse in einen extrem kleinen Raumbereich packen. Somit ist die Beobachtung gleichzeitig der

1. Beweis für die Existenz Schwarzer Löcher.

Zuvor hatte man lediglich Sterne oder heißes Gas in der Nähe Schwarzer Löcher beobachten können. Nun werden alle Kritiker verstummen, die immer wieder behauptet hatten, die Einsteinschen Extreme würden nicht existieren.

Woher stammen die Gravitationswellen?
Die Kollision bzw. das Verschmelzen der beiden Schwarzen Löcher erzeugte eine enorme, jedoch unsichtbare Explosion: Modellrechnungen zur Simulation des beobachteten Signals zeigen, dass das Endprodukt, ein Schwarzes Loch, eine Masse von 62 Sonnenmassen besitzen muss. Jedoch würden gegenüber der Ursprungsmasse der beiden Objekte von 65 Sonnenmassen 3 Sonnenmassen fehlen, denn 29+36=65.

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Abb. 4 Das LIGO-Signal und die Verschmelzung der Schwarzen Löcher.
Der untere Teil der Abbildung zeigt das Signal, das bei der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher entsteht.  Es ähnelt dem Signal vom 14. September 2015. Dabei handelt es sich um die Auswirkung der gravitativen Wechselwirkung der beiden massereichen Objekte. Bei der Kollision bzw. der Verschmelzung wird ein Teil der Sternmassen in Energie (Gravitationswellen) umwandelt. Gravitationswellen sind für das blosse Auge unsichtbar.
Der obere Teil der Abbildung zeigt die künstlerische Darstellung dieses Ereignisses, wenn wir es mit unseren Augen beobachten könnten: im Zentrum befindet sich nach der Verschmelzung ein neues Schwarzes Loch. Bei der Kollision wurden Gravitationswellen abgestrahlt. Ihre Ausbreitung ähnelt dem Wellenmuster, das entsteht, wenn man einen Stein auf eine glatte Wasseroberfläche wirft (Abb. 2). © LIGO/NSF

 

Die Massendifferenz von 3 Sonnenmassen wurde in Gravitationsstrahlung umgewandelt (Abb. 4); dabei handelt es sich um Umwandlung der Masse in (reine) Energie, eine weitere Vorhersage Einsteins.
 
Die Explosion war gewaltig: für eine Zehntel Sekunde war die "Explosion" heller als alle Sterne des gesamten Universums, so einer der Forscher. Sie war zu am Ort der Erde zusehen, aber nur wenn man Augen für Gravitationswellen besitzt.

Es handelt sich um die mächtigste Explosion, die Menschen ausser dem Urknall [1] jemals beobachtet haben, so Kip Thorne [1], einer der Mitgründer von LIGO und Berater des Kinofilms Interstellar [1].

Ist das Signal real?
Innerhalb der letzten 5 Monate versuchten die Forscher am LIGO ihre Entdeckung immer wieder zu überprüfen. Die meisten Teammitglieder wussten nicht, ob das Signal real ist. Von Zeit zu Zeit werden am LIGO bewusst falsche Signale (sog. blind injections [1]) in die Daten eingebracht, um die Ausrüstung bzw. Detektoren und die Arbeit der Forscher zu überprüfen [2].

Am 14. September 2015 gab es kein falsches Signal in den Daten.

Das Signal wurde an einem Tag beobachtet als LIGO nach dem Upgrade [2] unter realen Bedingungen getestet wurde und das System, das die falschen Signale einstreut, ausgeschaltet war. Daher wusste die gesamte Mannschaft relativ schnell, dass es sich um eine reale Beobachtung handeln muss.

Dennoch mussten erst sämtliche Alternativen ausgeschlossen werden, das dauerte über einen Monat. Diese Tests waren eine grosse Verantwortung für die betreffenden Forscher, immerhin handelt es sich um die erste Messung von Gravitationswellen überhaupt. Etwaige Fehler mussten unwiderbringlich ausgeschlossen werden.

Der Beweis für die Existenz von Gravitationswellen ist umwerfend, aber doch eher zweitrangig; Hinweise auf ihre Existenz von Gravitationswellen gibt es bereits seit dem Jahr 1974. Damals hatten zwei Forscher ein enges Paar Neutronensterne [1] entdeckt, die aufeinander zu spiralen. Deren beobachtete Bewegung konnte man nur unter der Einbeziehung der entsprechenden Einsteinschen Theorie erklären, ein indirekter Beweis für Existenz.

Die Entdeckung der Gravitationswellen beweist vielmehr
die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie

- so wie nie zuvor. Bisher konnten die Wissenschaftler die Wirkung der Schwerkraft [1] im Universum lediglich unter schwachen Bedingungen testen. Mithilfe von Gravitationswellen können nun extreme Bedingungen im Universum untersucht werden, an denen Objekte mit starken Gravitationsfeldern beteiligt sind, beispielsweise Neutronensterne, Schwarze Löcher oder Supernovae [1]. Bisher konnte man sich mit diesen Objekten nur theoretisch befassen.

Die Allgemeine Relativitätstheorie hat mithilfe der beobachteten Verschmelzung der beiden Schwarzen Löcher ihren ersten extremen Test bestanden. Nach der Einsteinschen Theorie sieht das beobachtete Signal genau so aus wie es Einstein vorhergesagt hat. Das gleicht einem Wunder,
so einer der Wissenschaftler.

Die Entdeckung von Gravitationswellen öffnet ein neues Fenster ins Universum.

Beginnt nun der Streit, wem der Nobelpreis zusteht?
Weiss, einer der Wissenschaftler, die von Anfang an dabei waren, schlägt für die Vergabe des Nobelpreises für Physik [1] eher die Entdecker des engen Neutronensternpaars, Hulse und Taylor [1], vor als sich selbst.

Andere Beteiligte schlagen den ersten Direktor des CalTech, Ronald Drever [1], vor, einen wichtiger Befürworter und Unterstützer des LIGO-Projekts; oder
Kip Thorne, einen Mitbegründer von LIGO. Jedoch erwidert der, der Preis solle eher an die direkten Mitarbeiter gehen, die Experimentatoren, gehen.

 

Wie geht es weiter?
Inzwischen analysieren die LIGO-Forscher bereits Daten aus dem 1. Run, der am 12. Januar endete. Im Juli soll es mit dem 2. Run bereits weitergehen. Währenddessen ist man in Italien mit dem Umbau des VIRGO-Detektors [1] beschäftigt; das italienische Interferometer ist mit seinen 3-Kilometer langen Armen etwas kürzer als LIGO und soll Ende des Jahres einsatzfähig sein.

Nun warten die Physiker auf die nächste Welle.

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Teil II: Die Pressekonferenz, Ergebnisse und Diskussion
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Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe
www.wikipedia.de

[2]
http://ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__gravitationswellen_entdeckt.html

http://ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__gravitationswellen_entdeckt2.html

[3] Nature (11 Feb 2016)

[4] Abbott, B.P., et al, Phys.Rev.Lett. 116 (11 Feb 2016)

 

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