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Hutzi Spechtler  
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China winkt vom Mond

Im Januar hat die chinesische Raumfahrtbehörde [1, 3]  Hunderte neuer Aufnahmen veröffentlicht, die der Lander Chang'e 3 [1] und der Mondrover Yutu (Jadehase) [1] aufgenommen haben [4]. Somit wurden erstmals seit 50 Jahren - seit der Apollo11-Mission [1] - wieder Aufnahmen der Mondoberfläche veröffentlicht. China ist neben den Vereinigten Staaten und der ehemaligen UDSSR [1] die dritte Nation, die auf unserem Trabanten gelandet ist.

Obwohl Yutus Motor kurz nach der Landung auf der Mondoberfläche ausfiel, konnte seine Kamera Hunderte von Aufnahmen machen und zur Erde senden. Mit deren Auswertung seien die chinesischen Former noch immer beschäftigt. Die neu veröffentlichten Mondaufnahmen [4] stammen von der Panoramakamera (PCAM) [1] des Rovers und einer Kamera (TCAM) [1] des Landers.

Beide Kamerasysteme ähneln sich: TCAM besteht aus einer einzelnen Kamera, während es sich bei der PCAM um eine Stereokamera handelt, [1] bei sich der das Paar 27 Zentimeter voneinander entfernt befindet. Beide verfügen über CMOS-Detektoren [1] mit einer Auflösung von 2.352 x 1.728 Pixel sowie Farbfiltern. Das Gesichtsfeld der PCAM beträgt 19,7 x 14,5 Grad.

Neue Mondaufnahmen
Die chinesische Raumfahrtbehörde hat unlängst Tausende von Farbaufnahmen aus dem Jahr 2015 veröffentlicht [4]. China veröffentlicht derartige Aufnahmen üblicherweise erst 12-18 Monate nach dem Aufnahmedatum. Die dazugehörige Webseite existiert nur auf Chinesisch. Die Aufnahmen umfassen ein Volumen von rund 35 Gigabyte.

Chinas Mondmission ist hier gelandet (Abb. 1):

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Abb. 1 Landeplatz der chinesischen Mondmission Chang'e 3.
Links: Die chinesische Mondmission ist im nordöstlichen Bereich des Mare Imbrium [1] (dunkles Gebiet) gelandet (rotes Kreuz). Rechts: Die genaue Position von Chang'e 3 und dem Rover Yutu in der Nähe von Zi Wei.
© Chin. Acad. of Sciences (CAS)//[2]

 

Der Weg des Rovers auf dem Mond
Die folgende Aufnahme zeigt die Bewegung des Landers Chang'e 3 auf seinem Weg zur Mondoberfläche (Abb. 2).

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Abb. 2 Benennung von Strukturen der Mondoberfläche während des
Abstiegs des chinesischen Mondlanders Chang'e 3.
Die Benennung erfolgt nach "chinesischen Prinzipien", daher die teilweise merkwürdig klingenden Namen. Das graue Band markiert die Bahn des Landers Chang'e 3. Karte: P. Stooke, Atlas of Lunar Exploration. Benennung: Li et al. (2015)
© CAS/P. Stooke

 

Die nächste Abbildung zeigt Yutus Weg auf der Mondoberfläche (Abb. 3):

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Abb. 3 Weg des Mondrovers Yutu auf der Mondoberfläche.
Karte: P. Stooke, Atlas of Lunar Exploration. Benennung: Li et al. (2015)
© CAS/P. Stooke

 


Hier folgen die versprochenen Bilder (Abb. 4-6):

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Abb. 4 Mosaikaufnahme: Chang'e 3 blickt auf Yutu (23.12.2013).
© CAS/CNSA/Sci. and Appl. Center for Moon and Deepspace Exploration/E. Lakdawalla

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Abb. 5 Mosaikaufnahme des "Pyramidensteins" (Long Yan) vom 13.01.2014.
Wahrscheinlich entstand die Steinformation bei einem Auswurf aus dem dahinter liegenden Krater. © CAS/CNSA/Sci. and Appl. Center for Moon and Deepspace Exploration/E. Lakdawalla

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Abb. 6 Ausschnitt der Panoramaaufnahme mit Blick von Chang'e 3 auf den
Rover Yutu (in der Nähe des "Pyramidensteins") vom 13.01.2014.
© CAS/CNSA/Sci. and Appl. Center for Moon and Deepspace Expl./
E. Lakdawalla/yahw

 

Neues Mondgestein
In den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts fanden geologische Studien von Mondgestein statt; daran beteiligt waren die US-amerikanischen Apollo-Missionen (1969-1972) ("Apollo") [1] und die sowjetische Luna ("Luna") (1970-1976) [1]. Dabei ging es sowohl um das Einsammeln von Mondgestein [5] als auch dessen Analyse.

Die Oberfläche des Mondes ist von Regolith [1] bedeckt, einer Mischung aus feinkörniger Mondoberfläche und Überbleibseln von Auswürfen aller Art (Abb. 7). Die Untersuchung von Regolith trägt zum Verständnis der globalen chemischen Zusammensetzung des Mondes bei.

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Abb. 7 Mondgestein der Apollo 11-Mission.
Bei den kleinen Steinchen handelt es sich um Regolithkörner der Mondoberfläche.
Die Körner besitzen Durchmesser zwischen 2-4 Millimetern.
© R. Korotev

 

Regolith kann Aussagen über die Entwicklung von Oberflächenprozessen machen. Die Dicke der Regolithschicht auf der Mondoberfläche schätzt man auf 2-9 Meter in den Maria und bis zu 8-16 Meter in höher gelegenen Gebieten [4].

Während der chinesischen Mondmission wurde mithilfe des Rovers Yutu im Jahr 2013 eine neue Art Mondgestein [1] entdeckt, das einen Einblick in die Vergangenheit des Mondes geben soll. Dabei soll es sich zwar um Regolith handeln, jedoch um eine neue, uns bisher nicht bekannte Art. Der Fund deutet an, dass die Geschichte des Mondes möglicherweise komplexer ist als bisher angenommen.

Im Jahr 2013 publizierten die Chinesen erstmals Ergebnisse ihrer Mondanalyse [3, 4]: Beispielsweise soll der Mantel des Mondes nicht so homogen [1] sein wie der unseres Planeten Erde, möglicherweise als Ergebnis mehrerer schwerer Einschläge vor einigen Milliarden Jahren.

Wie entstand der Mond?
Wir wissen bis heute nicht genau wie der Mond entstanden ist. Im Prinzip existieren 3 Theorien. Gemäß einer der führenden Theorien zur Entstehung unseres Trabanten war dessen Vergangenheit "gewalttätig."

Nach der Hypothese des "gigantischen Impakts" oder Big Splash [1] (Abb. 8) könnte ein primordialer [1], etwa marsgrosser Planet kopfüber mit der Erde zusammengestossen sein. Das geschah wahrscheinlich vor rund 4,5 Milliarden Jahren bzw. etwa 20-100 Millionen Jahre nachdem sich die Erde bereits gebildet hatte.

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Abb. 8 Künstlerische Darstellung des Big Splash.
© M. Garlick/Science Photo Lib./Corbis

 

Diese schwere Kollision schleuderte massive Brocken geschmolzenen Materials weg, aus denen unser Mond entstanden sein soll. Nachdem das Material abgekühlt war, bildeten sich die Kruste, der Mantel und der Kern des späteren Mondes.

Etwa 500 Millionen Jahre später soll durch die durch den radioaktiven Zerfall chemischer Elemente [1] im Mondinneren ein erneutes Aufschmelzen von Teilen des Mantels erfolgt sein; dadurch entstand eine Art felsiger "Ozean" unter der Mondoberfläche, der eine Periode intensiver vulkanischer Aktivität und Eruptionen anregte; sie dauerte wahrscheinlich rund eine Milliarde Jahre.

Beweis für diese Periode intensiver vulkanischer Aktivität seien dunkle, basalthaltige Ebenen, die Mondmaria [1]. Sie bedecken etwa ein Fünftel der Mondoberfläche und sind bereits bei der Beobachtung des Monds mit dem blossen Auge zu erkennen.

Die Apollo- und die Luna-Mission sammelten Basaltgestein, das sich während der aktiven vulkanischen Phase des Mondes gebildet hat. Chang'e 3 dagegen konzentrierte sich auf anderes Gestein. Im Dezember 2013 landete die Mission in Zi Wei [1] (Abb. 1), einem vergleichbar jungen Impaktkrater am nördlichen Rand des lavagefüllten Imbrium-Basins [1]. Das Alter von Zi Wei schätzt man auf weniger als 3 Milliarden Jahre.

Die Basaltebenen in diesem Krater repräsentieren die Spätphase der eruptiven Phase des Mondes, nachdem sich mehr als 95 Prozent des Materials im Mantel erneut verfestigt hatte. Der Regolith, das staubige Material der Mondoberfläche, bildet eine dünne Schicht und gleicht dem sich darunter befindlichen Gestein. Daher erhoffte man sich eine Möglichkeit, tiefer in die Entwicklung des Mondes hineinblicken zu können.

Bei der Untersuchung des Mondgesteins nahmen die chinesischen Forscher an, die geologische Entwicklung innerhalb von Zi Wei spiegele die Ergebnisse der Analysen von Apollo und Luna wieder.

Yutu sammelte Regolith, das von dem Spektrometer [1] des Rovers analysiert wurde. Dabei fand man ungewöhnliche Strukturen: das Material enthält eine Konzentration von 4-5 Prozent von Titanoxid (TiO) [1], das in dem Mineral Ilmenit (Titaneisenerz, FeTiO3) [1] gebunden ist (Abb. 9).

Ilmenit besitzt einen relativ niedrigen Schmelzpunkt und gehört wahrscheinlich zu einem der Mineralien, die als letztes aus dem Magma abgekühlt sind. [4]

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Abb. 9 Ilmenit. Links: Irdisches Ilmenit aus Australien. Australien und China besitzen die größten Ilmenitvorkommen. Rechts: Lunares Ilmenit, dem bei einer Temperatur von 1.050 Grad während einer Dauer von drei Stunden Wasser entzogen wurde.
© metalpedia.asianmetal.com/wikipedia

 

Als das Ilmenit kristallisierte, sank es in den Mantel des Mondes und bildete Regionen, die mit Titan [1] angereichert sind. Die nachfolgende vulkanische Aktivität erzeugt basaltisches Material, das an die Mondoberfläche gelangte und mit Titanoxid angereichert ist (bis zu 15 Prozent des Eigengewichtes). Wenn Magma in ilmenitarmen Bereiche auf die Mondoberfläche gelangt, sollte man dort niedrige Titan-Konzentrationen finden. Apollo und Luna beobachteten beide Zustände, die hohe und die niedrige Titan-Konzentration.

Die neuen Proben, die von Yuto untersucht wurden, weisen jedoch auf mittlere Titan-Konzentrationen [4]. Falls der Mantel des Mondes gleichmässig abgekühlt ist, sollte man entweder hohe oder niedrige Titan-Konzentrationen finden. Die neuen Ergebnisse weisen eher auf einen Gradienten der Konzentration des Elementes.

 

Erklärungsversuche
Eine mögliche Erklärung der neuen Ergebnisse könnten massive Einschläge während der Phase gewesen sein, in der der Mond (teilweise) von einem Ozean aus Magma bedeckt war. Die Einschläge hätten die Bildung des Mondmantels sozusagen behindert.

Wir wissen bereits, dass der Mond während des Späten Schweren Bombardements (Late Heavy Bombardement) [1] vor 4,1-3,8 Milliarden Jahren stark gestört wurde. Ob und wie oft danach starke Einschläge stattfanden, wissen wir nicht genau. Jedenfalls unterscheidet sich unser Bild von der Entwicklung des Mondes stark von der Situation der Erde, deren Mantel nach dem Bombardement relativ gleichmässig abkühlte.

Die neuen Ergebnisse weisen darauf hin, dass der obere Bereich seines Mantels weniger einheitlich ist als im Falle unseres Planeten.

Weiterhin fand Chang'e 3 heraus, dass der Landplatz reich an Ilmenit und Olivin [1] ist. Der Fund beider Mineralien am gleichen Ort ist merkwürdig, da Olivin normalerweise sehr viel früher aus dem Magma kondensiert sein muss. Der Rover stellte sogar fest, dass das Olivin am Landplatz sehr eisenreich ist; das würde auf eine niedrigere Schmelztemperatur des Olivins hinweisen.

 

Aussichten
Die chinesische Mondmission hat bisher mehr neue Fragen aufgeworfen als beantwortet. Jedoch scheint festzustehen, dass aktuelle Mondmissionen zur Klärung der Entstehung und der Entwicklung unseres Trabanten entscheidend beitragen können.

Die Analyse des Mondgesteins durch die chinesische Mission soll fortgesetzt werden, möglicherweise unter Einbeziehung anderer Analysen, Studien von Mondgestein sowie Modellen zur Chemie auf dem Mond, insbesondere im Hinblick auf das Verständnis des besonderen jungen Basaltgesteins auf dem Mond.

Chang's 3 hat ein robotisches Teleskop [1] auf der Mondoberfläche positioniert - das angeblich immer noch funktioniert - und die erste Rückkehr-Aktion erfolgreich absolviert; dabei schwang sich Chang'e 3 um die andere Seite des Mondes und sendete ein (leeres) Modul zurück zur Erde. China scheint nun die Rücksendung von Proben der anderen Mondseite zu planen. Man erwarte weitere neue Funde im Mondmantel; bei der Klärung von Fragen zum Mond sollen die geplanten Missionen Chang'e 4 und 5 helfen.

Falls es Chang'e 3 und Yuto zu einsam wird, könnten beide bereits im Jahr 2017 Gesellschaft bekommen. China plant einen weiteren Lander auf der Mondoberfläche abzusetzen.

 

Die englische Homepage der chinesischen Raumfahrtagentur finden Sie unter [3], Hinweise zur Veröffentlichung der neuen Mondaufnahmen unter [4].

 

Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] Ling, Z., et al., Nature Communications 6, Article No. 8880 (22 Dec 2015)

[3] Englische Homepage der chinesischen Raumfahrtagentur
http://english.cas.cn/

[4] Information zur Veröffentlichung neuer Mondaufnahmen (mit Video)
http://english.cas.cn/newsroom/mutimedia_news/201602
und
Information zum neuen Mondgestein
http://english.cas.cn/newsroom/research_news/201504/t20150429_146777.shtml
und
Zhang J., et al., PNAS 112, 5255-5544 (2015)
http://www.pnas.org/content/112/17/5342.full

[5] Mehr Information zur Regolithfunden auf dem Mond
meteorites.wustl.edu

 

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