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Das blubbernde Universum und die Bewegung der Leere

Argentinische Astronomen haben entdeckt, dass die (nahezu) leeren Regionen im Universum nicht statisch sind, sondern vielmehr wachsen und schrumpfen, ähnlich der Blasenstruktur von Seifenschaum [2].

Kosmische Blasen
Die großskalige Verteilung von Materie bzw. Galaxien im Universum gleicht einer komplexen Struktur aus kosmischem Seifenschaum [1]: nahezu sphärische Regionen im Inneren der Blasen und Wänden, die manchmal eher Filamenten gleichen.

Das Universum besteht sozusagen aus einem riesigen Netzwerk, das einer Blasenstruktur (aus Hohlräumen) gleicht (Abb. 1). Dabei ist das Innere der Blasen nahezu leer, auf der Oberfläche der Blasenstruktur befindet sich uns bekannte Materie.

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Abb. 1 Die großräumige Blasenstruktur des Universums.
Das Universum besteht aus Blasen, deren Inneres nahezu leer ist;
an der Oberfläche der Blasen befindet sich die uns bekannte gewöhnliche
Materie wie Galaxienhaufen, Galaxien, Sterne und Planeten etc. © [2]

 

Die meisten leeren Blasenstrukturen ("Blasenstrukturen") besitzen eine sphärische Form. Die kosmisch (nahezu) leeren Gebiete umfassen Regionen von rund 30 bis zu etwa 160 Millionen Lichtjahren[1], sie gleichen den Löchern in einem Spinnennetz, an dessen Rändern sich die Materie, Galaxienhaufen, Galaxien, Sterne und Planeten etc. befindet (Abb. 2a, 2b).

Diese Blasenstruktur beobachtet man sowohl im realen Universum wie auch in den entsprechenden Computersimulationen.

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Abb. 2a Die großräumige Blasenstruktur des Universums.
An den Knotenpunkten der Blasen bilden sich dichte Strukturen wie
Galaxienhaufen (rosa), die sich durch die Strahlung heller Objekte wie
Sterne etc. bemerkbar machen. Die leeren Gebiete zeigen nahezu
keinen Materieinhalt (dunkelblau). © K. Dolag

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Abb. 2b Detailansicht der netzartigen Struktur des Universums.
Beim Hineinzoomen in die netzartige großräumige Struktur des Universums (Hintergrund) wird die blasenartige Struktur noch deutlicher:
Die Ränder der Blasen sind von Materie besetzt (grünlich-gelbliche
Färbung, unten rechts), wohingegen das Innere der Blasen
(dunkelblau) nahezu leer ist.
© Klypin, Primack

 

Diese Blasenstrukturen bilden sozusagen das kosmische Netz. Damit stellen die leeren Blasen das größte Volumen im Universum dar. Würde man einen ungeliebten Menschen mit einer kosmischen Wurfmaschine in das Universum (hinaus)werfen, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass er in einer kosmischen Blase landet, extrem groß.

Bewegung im kosmischen Schaum
Bisher nahmen die Wissenschaftler an, dass das nahezu leere Innere der Blasen durchschnittlich statisch ist, sich nicht bewegt, und lediglich durch die Ausdehnung des Universums "mitgezogen" wird.

Die neue Auswertung von Beobachtungen des großskaligen Aussehens des Universums deutet an, dass die kleineren Blasenstrukturen des Universums sozusagen zusammengequetscht werden, währenddem größere Blasen immer größer werden. Diese großskalige Bewegung der Blasen ist überraschend.

Das Ergebnis stammt aus dem Vergleich einer Simulation des kosmischen Netzes und 245 kosmischen Blasenstrukturen aus Daten der SDSS (Sloan Digital Sky Survey) [1], einer großskaligen Durchmusterung des Himmels, die insgesamt 929.555 Galaxien umfasst.

Dabei scheinen sich die Blasenstrukturen mit einer Geschwindigkeit von
300-400 Kilometern pro Sekunde zu bewegen und zwar unabhängig von dem Einfluss der Expansion des Universums.

Kleine und große Blasenstrukturen
In der Auswertung scheinen kleine Blasenstrukturen häufiger von dichteren Schalenstrukturen umgeben als große Blasen. Mit zunehmendem Durchmesser der Blasen sind diese weniger häufig von dichteren Schalen umgeben.

Die kleineren Blasenstrukturen scheinen sich einander zu nähern, da sie in Teile des kosmischen Netzwerkes eingebettet sind, in denen die mittlere Materiedichte [1] höher ist als in ihrer Umgebung. Durch die Gravitationswirkung könnten diese Regionen möglicherweise schrumpfen bzw. die Blasenränder kollabieren.

Dahingegen scheinen sich größere Blasenstrukturen innerhalb von großskaligen Regionen zu befinden, deren mittlere Materiedichte geringer ist als in ihrer Umgebung. Sie werden von der Gravitation der benachbarten Regionen auseinandergezogen und scheinen zu expandieren.

Der neue Befund läßt sich durch die Geschwindigkeit der Blasen verdeutlichen: kleinere Blasen bewegen sich mit Geschwindigkeiten von mehr als 400 Kilometern pro Sekunde, die größten Blasen dagegen tun dies nur mit bis zu 300 Kilometern pro Sekunde. Das scheint der kosmische Trend zu sein: Die Geschwindigkeit der Blasen ist umso höher, je höher die sie umgebende mittlere Materiedichte ist. Die Blasen scheinen es vorzuziehen, sich in Richtung von Regionen höherer Dichte zu bewegen.

Entdeckung einer Superblase
Im letzten Jahr entdeckten Astronomen mithilfe des Pan-STARRS1-Teleskops [1] und des WISE-Satelliten [1] die bisher größte kosmische Blase [4], die Superblase im Sternbild Eridanus (Eri) [1].

Der Durchmesser der Superblase beträgt rund 1,8 Milliarden Lichtjahre, ihre Entfernung zur Erde etwa 3 Milliarden Lichtjahre. Superblasenstrukturen sind wahrscheinlich selten.

Die der Erde nächstgelegene Blase ist die sog. Lokale Blase [1]. Die Milchstraße befindet sich in einem Filament, das sich in der Nähe der Wand um die Lokale Blase befindet. Einem Beobachter des nächtlichen Sternenhimmels, der sich innerhalb eines Planetensystems im Zentrum einer Superblase befindet, würde allerdings das Universum nicht viel anders erscheinen als einem irdischen Himmelsbeobachter.

Dunkle Materie und Dunkle Energie
Zukünftige Himmelsdurchmusterungen könnten die Bewegung von weiteren Blasenstrukturen messen und die neuen Ergebnisse bzw. die Evolution der kosmischen Netzwerkstruktur bestätigen. Demnach würden großskalige Strukturen nicht nur durch das Verschmelzen von Galaxien, Gas und Dunkler Materie [1] wachsen, sondern auch durch das Verschmelzen von Blasenstrukturen.

Dabei ist interessant, dass die kosmisch leeren Blasen so wenig Materie enthalten, ihre Physik einfach zu beschreiben ist und wahrscheinlich von der Dunklen Energie [1] dominiert wird, die wahrscheinlich die beschleunigte Ausdehnung des Universums antreibt. Möglicherweise enthalten die leeren Blasen weitere Information über die Dunkle Energie, beispielsweise mithilfe der Geschwindigkeit, mit der sie sich bewegen.

Die leeren kosmischen Blasen sind zwar leer, was ihren Materiegehalt betrifft, jedoch können sie wichtige Information über die globale Kosmologie und die Entstehung von Galaxien enthalten. Die kosmischen Blasen werden damit zu Schlüsselfiguren unseres Verständnisses der Entwicklung des Universums.

Möglicherweise wird die Bewegung der Blasenstruktur völlig neue großräumige Strukturen des Universums hervorbringen, aber wahrscheinlich erst in einigen Milliarden Jahren. Das werden wir nicht mehr erleben ...

Unsere Sicht des großskaligen Universums scheint tatsächlich nicht mehr als ein kosmischer Schnappschuss zu sein.

 

Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] Lambas, D. G., et al., Nature (20 October 2015), MNRASL to be published

[3] http://www.famaf.unc.edu.ar

[4] Szapudi, I., et al., MNRAS 450, 288-294 (2015)

 

 

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