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Neues vom asymmetrischen Universum

Wahrscheinlich entstand das Universum durch eine Art Urknall [1], einem heißen, dichten Beginn. Kurz danach dehnte es sich unglaublich schnell aus. Man bezeichnet das als Inflation [1].

Das Universum bestand zunächst aus einer heißen Suppe aus Photonen [1] und kleinsten Materieteilchen. Als das Universum abkühlte, vereinten sich Elektronen und Protonen [1] zu ersten Atomen [1]. Die dabei "frei werdenden" Photonen sehen wir noch heute. Das Universum wurde transparent.

Dieses Nachglühen des Urknalls, die sog. kosmische Hintergrundstrahlung [1], stammt aus einer Zeit von rund 300.000 Jahren nach der Entstehung des Universums [1]. Theoretisch sollte diese Mikrowellenstrahlung [1] extrem gleichmäßig verteilt sein, da zu diesem Zeitpunkt die Materie sehr gleichmäßig verteilt war.

Die Messung der Temperaturverteilung der Hintergrundstrahlung spiegelt primordiale Dichtefluktuationen [1] wieder, die kurz nach dem Urknall entstanden. Aus diesen geringen Dichteunterschieden entwickelte sich die heutige (beobachtbare) großräumige Struktur des Universums.

Der Kalte Fleck
Im Jahr 2004 fanden die Wissenschaftler in der Hintergrundstrahlung eine besondere Struktur, den sog. Kalten Fleck [1]. Die Struktur befindet sich am Südsternhimmel im Sternbild Eridanus (Eri) [1]. Dabei handelt es sich um eine Region, die kühler (70 μK (Mikrokelvin) [1]) ist als ihre Umgebung. Der Kalte Fleck ist von einem warmen Ring umgeben (Abb. 1).

Die Existenz kleiner warmer und kühler Flecken innerhalb der Hintergrundstrahlung ist nichts Ungewöhnliches; jedoch handelt es sich bei dem Kalten Fleck um ein relativ großes Gebilde, das von keiner Theorie zur Entstehung des Universums vorhergesagt wird.

Die mittlere Winkelausdehnung kühlerer und wärmerer Flecken der Hintergrundstrahlung beträgt maximal 1 Grad. Der Kalte Fleck ist rund 10 mal größer. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des großen Kalten Flecks liegt bei weniger als 1:100.

Entdeckung und Interpretation
Die Anomalie des Kalten Flecks wurde erstmals mithilfe des WMAP-Satelliten (Wilkinson Anisotropy Probe) [1] vor über 10 Jahren entdeckt.
Der Satellit PLANCK [1] bestätigte diese Beobachtung im Jahr 2013. Allerdings versuchten die beteiligten Wissenschaftler zunächst, die Anomalie wegzudiskutieren und schenkten ihr wenig Beachtung.

Inzwischen können Fehler in der Beobachtung oder der Auswertung der Daten nahezu ausgeschlossen werden. Der Kalte Fleck der Hintergrundstrahlung scheint real zu sein.

Mögliche Erklärungen des Kalten Flecks reichen von einer bisher unentdeckten Physik bis hin zur Einwirkung der sog. Dunklen Energie [1], die vermutlich auch für die beschleunigte Ausdehnung [1] des Universums verantwortlich ist. Die letztere Erklärung erfordert die Existenz einer riesigen Superblase, die auf die Mitte des Kalten Fleckes ausgerichtet ist.

(a) Eine entfernte Superblase
Mithilfe der WISE-2MASS-Durchmusterung [1] und Daten des Pan-STARRS-1-Teleskops [1] ermittelten Wissenschaftler [2] die Existenz eine Superblase [1] (Abb. 1) in rund 3 Milliarden Lichtjahren [1] Entfernung (Rotverschiebung z=0,22 [1]). In der dazugehörigen Himmelsregion befindet sich mindestens 20 Prozent weniger Materie als in der Umgebung des Kalten Flecks.

Die Ausdehnung der Superblase am Himmel erstreckt sich über mehr als 10 Winkelgrad. Das entspricht einem Durchmesser von etwa 1,8 Milliarden Lichtjahren. Falls das richtig ist, handelt es sich bei der Superblase um die größte zusammenhängende Struktur des Universums, so einer der Forscher [2].

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Abb. 1 Karte der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Rechts unten (weißes Oval) befindet sich der Kalte Fleck (blau), eine große, kühlere Region der Hintergrundstrahlung. Der Durchmesser der vermeintlichen Superblase,
die mit dem Kalten Fleck in Verbindung steht, beträgt mindestens 10 Winkelgrad.
Die Positionen der Andromeda-Galaxie [1] und des Mondes befinden sich oberhalb.
Die Detailausschnitte (oben) zeigen die auffällig blaue (kalte) Region der Hintergrundstrahlung. Der Kalte Fleck ist von einem überdurchschnittlich warmen
Ring umgeben (Detail oben rechts).
© ESA/PLANCK/G. Kranicz

 

Falls der Kalte Fleck in einem direkten Zusammenhang mit dem Urknall steht, könnte es sich um ein seltenes Merkmal neuer, exotischer Physik handeln, die die Standardtheorie des Urknalls [1] jedoch nicht erklären kann.

Obwohl die Existenz der Superblase und ihre Auswirkung auf die Hintergrundstrahlung den Kalten Fleck nicht vollständig erklären können, scheint es unwahrscheinlich, dass die Position der Superblase und des Kalten Flecks lediglich zufällig zusammenfallen.

Eine zweite Superblase
Andere Wissenschaftler [3] fanden in der WISE-2MASS-Galaxiendurchmusterung eine zweite große Region ähnlicher Ausdehnung, in der die Dichte der Materie ebenfalls viel geringer ist, die sog. Draco-Superblase[1] im Sternbild Drache (Dra).

Diese Superblase scheint ebenfalls mit einem kühleren Bereich der Hintergrundstrahlung zusammenzufallen. Allerdings ist die Region weniger auffällig als die große Superblase im Sternbild Eridanus.

Die Draco-Superblase scheint weniger weit entfernt (z=0,15) als ihr Pendant im Sternbild Eridanus, zudem scheint sie kleiner zu sein.

(b) Existenz eines Paralleluniversums
Eine spekulativere Idee zur Erklärung des Kalten Flecks ist seine Entstehung aufgrund von gravitativen Einflüssen eines Paralleluniversums [1].

Möglicherweise existieren ausser unserem zahlreiche andere Universen. Diese Universen besitzen wahrscheinlich völlig andere, von unserem Universum abweichende physikalische Parameter (beispielsweise Gravitationskonstante [1], Masse des Elektrons, Protons [1], etc.).

Falls ein derartiges Paralleluniversum mit unserem kollidieren würde bzw. bereits kollidiert wäre, hätte das sehr wahrscheinlich Auswirkungen auf das Aussehen der kosmischen Hintergrundstrahlung (Abb. 2).

asiuni

Abb. 2 Schematische Darstellung der Auswirkung einer Kollision eines Paralleluniversums mit unserem Universum
Bei einer Kollision unseres mit einem anderen Universum könnte die Temperatur
der Hintergrundstrahlung (links) beeinflusst worden sein; diese Temperaturänderung
macht sich in der Hintergrundstrahlung als fleckartiges Muster bemerkbar (rechts).
© S. M. Freeney et al., Phys.Rev.Lett.

 

Die Eigenschaften des Kalten Flecks könnten auf die Kollision mit einem anderen Universum hindeuten, dessen Baryonen-Photonen-Verhältnis [1] um einen Faktor 65 höher liegt als in unserem Universum [4], so neue Modellrechnungen. Die Modelle können das Aussehen des Kalten Flecks erklären.

Falls ein Paralleluniversum für das Auftauchen des Kalten Flecks verantwortlich ist, sollte er - gemäß anderer Modellrechnungen - ebenfalls auf der anderen Seite des Universums auftauchen. Dafür gibt es bisher keinen Beweis.

Alternativ könnten die beobachteten Anomalien die Nachwirkung der Kollision beider Universen oder zweier Punkte dieser Universen sein. In einem sog. Multiversum [1] könnten die Universen häufig in die Nähe eines anderen geraten und zusammenstoßen [5].

Eine derartige Kollision könnte die schnelle Ausdehnung am Beginn des Universums, die Inflation, getriggert haben. Die dabei entstehende Schockwelle könnte sich in der Hintergrundstrahlung sozusagen eingegraben haben.

Möglicherweise handelt es sich bei dem Kalten Fleck jedoch nur um die Bugwelle [5] - wie bei einem Schiff, das nachts am Hafen vorbeifährt und danach kleine Wellen hinterlässt. Daher könnte die Karte der Hintergrundstrahlung weitere Spuren der Kollision enthalten, die bisher unentdeckt sind.

Möglicherweise verfügen wir jedoch noch nicht über die technischen Möglichkeiten, die feinen Spuren der möglichen Kollision zu entdecken. Die Wissenschaftler sind weiter auf der Suche.

 

Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] Szapudi, I., et al., MNRAS 450, 288-294 (2015)

[3] Finelli, F., et al., MNRAS (20 April 2014)

[4] Chary, R., ApJ (30 Sept 2015)

[5] Kleban, M., et al., Phys.Rev.D 87 (21 Feb 2013)

 

 

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